Gesetzesrevision «Weiterentwicklung der IV – was hat sich geändert?

Seit 1. Januar 2022 ist die Gesetzesrevision «Weiterentwicklung der IV» in Kraft. Auch wenn Behindertenorganisationen die Inhalte und Fairness der Gesetzesänderung bezweifeln, dürfen per dato keine voreiligen Schlüsse gezogen werden. Jede Änderung verdient ihre dafür beanspruchte Zeit bis sie greift und die avisierten Zielsetzungen erfüllt. Erst aufgrund gewonnener Erfahrungsberichte betroffener Zielgruppen und involvierten Ärzteschaften, Institutionen und Arbeitgebern, können allenfalls die geforderten Nachbesserungen oder Anpassungen vorgenommen werden – aber dies verlangt Zeit.

Allein das Wort Behinderung sorgt für Ausgrenzung und für Stigmatisierung. Bei dieser Gelegenheit muss erwähnt werden, dass wir heutzutage nicht mehr von Behinderten oder Invaliden reden, sondern von Menschen mit einer Behinderung oder Menschen mit einer Invalidität.  Es ist unabdingbar, dass ein Mensch mit einem Handicap oder mit einer Behinderung in das Gesellschafts- und Berufsleben integriert wird und dessen individuellen Bedürfnissen bestmöglich gestützt und anerkannt werden.

Die IV ist der bedeutendste Pfeiler der Invalidenvorsorge in der Schweiz (1. Säule) und ist wie die AHV eine obligatorische Versicherung. Sie hat zum Ziel, den Versicherten mit Eingliederungsmassnahmen oder Geldleistungen die Existenzgrundlage zu sichern, wenn diese invalid werden.

 

Hauptziele der Gesetzesrevision “Weiterentwicklung IV”

Die neuen Bestimmungen, die im Juni 2020 vom Parlament verabschiedet wurden und am 1. Januar 2022 in Kraft getreten sind, richten sich an drei Zielgruppen: Kinder, Jugendliche und Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen. Sie zielen in erster Linie darauf ab, die Betreuung der Betroffenen zu intensivieren, bereits bewährte Massnahmen auszuweiten und die Zusammenarbeit mit der behandelnden Ärzteschaft und den Arbeitgebern zu verstärken.

Die Gesetzesrevision «Weiterentwicklung der IV» verfolgt insbesondere fol­gende Zielsetzungen:

  • engere Begleitung von gesundheitlich beeinträchtigten Kindern und ihren Familien
  • Überarbeiten der Liste der Geburtsgebrechen
  • gezieltere Unterstützung von Jugendlichen beim Übergang ins Berufs­leben
  • Ausweitung der Beratung und Begleitung für Personen mit psychi­schen Beeinträchtigungen
  • Ersatzdes heutigen (abgestuften) Rentenmodells durch ein stufenloses System
  • Verbesserung der Qualität und Transparenz bei der Durchführung von Gutachten

 

Kinder und Jugendliche stehen im FOKUS

 

Kinder

  • Die Liste der anerkannten Geburtsgebrechen wurde überarbeitet und auf den neusten Stand gebracht. Neu sind bisher nicht enthaltene Erkrankun­gen aufgeführt. Im Gegenzug sind einige Geburtsgebrechen, die dank des medizinischen Fortschritts heute leichter zu behandeln sind, von der Liste entfernt worden. Diese werden künftig von der Krankenversicherung über­nommen. Gleichzeitig wurden die Kriterien für die Definition eines Geburtsgebrechens im Gesetz (Art. 13 IVG) verankert. Das schafft sowohl für die versicherten Personen als auch für die Durchführungsstellen Klarheit und Rechtssicherheit. 
  • Bessere Koordination der medizinischen Behandlungen mit anderen Leistungen.
  • Verstärkung der Beratung und Begleitung von Kindern und ihren Fami­lien und
  • noch engere Zusammenarbeit mit der behandelnden Ärzteschaft.

 

 

Jugendliche

Beim Übergang von der obligatorischen Schule in die erstmalige berufliche Aus­bildung sind junge Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen auf individuelle und gezielte Unterstützung angewiesen. Mit folgenden Massnah­men sollen sie besser unterstützt werden:

  • Beratung und Begleitung, Früher­fassung und Frühintervention sowie Integrationsmassnahmen zur Vor­bereitung auf die erstmalige berufliche Ausbildung. Unterstützung bei der Berufswahl durch die Durchführung vorberei­tender Massnahmen, um mögliche Ausbildungswege in der Praxis zu überprüfen.
  • Wenn die Berufs­wahl getroffen ist, sollen die Jugendlichen von einer gezielten Vorbereitung auf die erstmalige Ausbildung profitieren können.
  • Des Weiteren wird der Anspruch auf medizinische Massnahmen bis zur Beendigung der beruflichen Ausbildung verlängert, spätestens jedoch bis zum vollendeten 25.Altersjahr.
  • Neu haben junge Versicherte ab Beginn der erstmaligen beruflichen Aus­bildung unter gewissen Voraussetzungen Anspruch auf ein Taggeld. Der Betrag entspricht grundsätzlich dem Lohn von Jugendlichen in Ausbildung, die nicht gesundheitlich beeinträchtigt sind. Das Taggeld wird an den Ar­beitgebenden oder die Ausbildungsinstitution ausgerichtet und von ihnen an die Jugendlichen weitergeleitet.

(Quelle Weiterentwicklung der IV (WE IV): Neuerungen Stand am 1. Januar 2022)

 

Fazit:
Für Jugendliche und junge Erwachsene mit gesundheitlichen, insbesondere psychischen Beeinträchtigungen wurden gezielte Massnahmen ergriffen, um möglichst zu verhindern, dass sie mit einer IV-Rente ins Erwachsenenleben starten. Gezielte Unterstützung an den Übergängen von der Schulzeit zur Berufsausbildung und später in den Arbeitsmarkt hat deshalb Priorität.

 

Erwachsene

Personen mit gesundheitlichen und insbesondere psychischen Beeinträch­tigungen brauchen Unterstützung, damit sie im Arbeitsleben verbleiben oder Eingliederungsmassnahmen erfolgreich abschliessen können. Um die­ses Ziel zu erreichen, hat die IV einige bestehende Massnahmen ausgewei­tet und neue Massnahmen eingeführt:

·        Eingliederungsorientierte Beratung

·        Früherfassung

·        Integrationsmassnahmen zur Vorbereitung auf die berufliche Eingliederung

·        Personalverleih

 

Weitere Anpassungen beinhalten u.a.:

 

Taggelder der Arbeitslosenversicherung

  • Nach Ablauf des Rentenanspruchs verlängert sich die Höchstdauer des Taggeldbezugs von 90 auf 180 Tage.

Unfalldeckung während einer Eingliederungsmassnahme

  • Versicherte, die in einer Institution oder in einem Betrieb eine Eingliede­rungsmassnahme der IV absolvieren, sind gegen Berufs- und Nichtberufs­unfälle versichert, sofern sie in einem arbeitsvertrags ähnlichen Verhältnis stehen.
  • Besteht ein Arbeits-, Lehr- oder Ausbildungsvertrag, ist die versicherte Per­son über den Unfallversicherer des Arbeitgebenden versichert.

 Medizinische Begutachtung

  • Neue Instrumente sollen die Transparenz und die Qualität der medizinischen Gutachten verbessern. Die Interviews mit Versicherten müssen neu akustisch aufgezeichnet werden. Möchte die versicherte Person nicht, dass der Inhalt der Gespräche zu den Akten genommen wird, kann sie auf die Tonauf­nahme verzichten oder deren Löschung verlangen. Die IV-Stellen führen neu eine Liste mit Gutachtern und Informationen zu ihnen, wie die Anzahl erstellter Gutachten, Vergütung, attestierte Arbeitsunfähigkeiten und gerichtliche Beurteilung der Gutachten. Eine neue ausserparlamentarische Kommission überprüft die Qualität der Gutachter.

 

Stufenloses Rentensystem seit 1.1.2022

Bisher gab es beim IV-Grad vier Stufen (Viertels-, halbe, Dreiviertels- oder ganze Renten). Für viele IV-Beziehende war es nicht attraktiv genug, mehr zu arbeiten. Damit für Neurentenbezügerinnen und Neurentenbezüger ein Anreiz be­steht, das Arbeitspensum zu erhöhen, wird ein stufenloses System einge­führt. Der Invaliditätsgrad bestimmt, wie hoch der Rentenanspruch ist.

Das stufenlose Rentensystem gab Anlass zu vielen Diskussionen. Weitere detaillierte Informationen werden in einem separaten Blog behandelt.

 

Es darf festgehalten werden, dass die Schweizer Invalidenvorsorge mit den entsprechenden Anpassungen mit der Zeit Schritt halten will und den Bedürfnissen betroffener Menschen gerecht werden möchte.

ABER

auch wir haben alle als Teil eines gesellschaftlichen Kollektivs Pflichten. Es ist von grundlegender Wichtigkeit sich zusätzlich um die persönliche und rechtliche Vorsorge zu kümmern und somit einer dauerhaften Fremdbestimmung entgegenzuwirken.

Eigenverantwortung und Selbstbestimmung liegen in unserer Hand!

 

Niemand ist vor einem gesundheitlichen Schicksalsschlag gefeit.

Jetzt richtig vorsorgen!

PlusMinus50.ch setzt sich mit allen Mitteln dafür ein, dass Sie abgesichert, auf alle Eventualitäten vorbereitet und sorglos durch das Leben gehen können. Aber nicht nur Sie, sondern auch Ihre Partnerin oder der Partner, Ihre Familie, kurzum all Ihre Liebsten.

Jeder Mensch lebt in seiner eigenen individuellen und leider auch vergänglichen Lebenssituation, die bereits morgen aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls, die zur Invalidität führt, sich drastisch verändert. Zudem hat jede Person auch Wünsche, Ziele und viele Vorstellungen, welche die Ausgangslage noch komplexer machen.  

Der Masterplan von PlusMinus50.ch beinhaltet einen gesetzeskonformen und aufeinander abgestimmten 6 Punkte Plan:

Patientenverfügung

Generalvollmacht

Vorsorgeauftrag

Anordnungen Todesfall

Anordnungen Organspende

Nachlassplanung ( Testament, Ehevertrag, Erbvertrag )

Mit dem Masterplan von PlusMinus50.ch bieten wir Ihnen DIE Gesamtlösung als Ergänzung zur obligatorischen Versicherung – sollte Ihnen das Schicksal nicht wohlgesinnt sein.

 

Komplexe Themen bespricht man nur mit Expertinnen und Experten – nehmen Sie jetzt mit uns Kontakt auf! Wir freuen uns auf Sie.

Wenn nicht jetzt – wann dann?

P.S. Woher stammt sprachgeschichtlich das Wort Invalidität? Das Wort invalidité beziehungsweise invalide stammt aus dem Französischen und geht auf Lateinisch invalidus (= kraftlos, schwach, hinfällig) zurück. Im Mittelalter bedeutete es „verwundet“ (les invalides,„die Verwundeten“), im 18. Jahrhundert wurde das Wort im Deutschen gebräuchlich.

Blog 04.22 | Bildnachweis: Pixabay - A. Socha

Buchen Sie jetzt eine Online-Beratung!

termin Vereinbaren