Jedes Jahr bringt rechtliche Neuerungen mit sich, die sich allenfalls irgendwann auf unseren Alltag auswirken könnten. Das Jahr 2023 beschert uns mit einer Vielzahl von Anpassungen, die die verschiedensten Lebensbereiche tangieren. Umso wichtiger ist es, sich jetzt einen kurzen Überblick zu verschaffen.
Die AHV- und IV-Renten werden per 1. Januar 2023 der aktuellen Preis- und Lohnentwicklung angepasst und um 2,5 Prozent erhöht. Damit steigt die Minimalrente von CHF 1'195 auf CHF 1'225 pro Monat, und die Maximalrente beträgt neu CHF 2'450. Der Höchstbetrag in der Erwerbsersatzordnung wird ebenfalls erhöht, dies um 30 Franken auf CHF 275 – das betrifft etwa Mutterschaftsentschädigung und die Entschädigungen während des Vaterschaftsurlaubs oder Militärdiensts. Wer eine Invaliden- oder Hinterlassenenrente der obligatorischen Unfallversicherung bezieht, darf eine mindestens 2,8 Prozent höhere Entschädigung erwarten.
Auch die Auszahlungen der Ergänzungs- und Überbrückungsleistungen zur Deckung des allgemeinen Lebensbedarfs werden der Teuerung angepasst.
Für Alleinstehende steigt er neu auf CHF 20’100 pro Jahr, für Ehepaare auf CHF 30’150 und für Kinder über elf Jahre auf CHF 10’515, respektive CHF 7'380 für Kinder unter elf. Auch die Höchstbeträge für die Mietzinse werden angepasst, und zwar um 7,1 Prozent. Das ergibt – je nach Region – neu 17’580, 17’040 oder15’540 Franken pro Jahr für Haushalte mit einer Person. Wegen der Teuerung werden auch die Pauschalen für Neben- und Heizkosten angepasst, von CHF 2'520 auf CHF 3'060 pro Jahr.
Seit 2011 wird auf Einkommen über CHF 148’200 ein Solidaritätsbeitrag für die Arbeitslosenversicherung abgezogen. Total ein Prozent, das wie immer 50/50 zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer (Lohnabzug) aufgeteilt wurde. Diese Beiträge wurden erhoben, um die stark verschuldete ALV zu sanieren. Das sollte auf Ende 2022 geschafft sein, deshalb gibt es ab dem1. Januar 2023 keinen Solidaritätsbeitrag mehr.
Die Arbeitslosenversicherung (ALV) gewährt angemessen Ersatz bei Erwerbsausfall, erbringt Leistungen bei Arbeitslosigkeit, wetterbedingten Arbeitsausfällen, Kurzarbeit und bei der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers.
Freudige Nachrichten für die nächste Steuererklärung. In dieser kann manfür die Kinderbetreuung durch Dritte mehr abziehen – und zwar bis zu CHF 25’000 pro Kind. Das ist mehr als das Doppelte, früher waren es lediglich CHF 10’100 pro Kind. Zusätzlich dürfen für die Fahrtenkosten zwischen Wohn-und Arbeitsstätten neu maximal CHF 3’200 abgezogen werden – bisher waren es CHF 3’000. Und auch die kalte Progression oder «Heiratsstrafe» wird ausgeglichen: Ehepaare können für das Steuerjahr 2023 bis zu CHF 13’600 vom Einkommen abziehen, wenn beide verdienen. Bisher waren es 13’400. Der Kinderabzug und der Unterstützungsabzug steigen um 100 Franken auf je CHF 6’600. Ehepaare zahlen neu erst Steuern ab einem steuerbaren Einkommenvon CHF 28'800. Der Höchstsatz wird neu erst ab einem steuerbaren Einkommen von CHF 912’600 erreicht.
Wer Steuern sparen will, zahlt auf ein Vorsorgekonto 3a ein. Für das Jahr 2023 gelten höhere Maximalbeträge: Für Personen mit einer Pensionskasse CHF 7'056, für Personen ohne Pensionskasse sind es CHF 35’280 statt CHF 34'416 beziehungsweise maximal 20 Prozent des Nettoeinkommens.
Einzahlungen in ein Vorsorgekonto 3a ermöglichen auch die Erhaltung des Lebensstandards nach der Pensionierung.
Das neue Erbrecht ermöglicht der Erblasserin oder demErblasser mehr Handlungspielraum, um den Nachlass zu verteilen. Dies setzt jedoch voraus, dass entweder ein Testament oder ein Erbvertrag verfasst wird oder, dass die bestehenden Regelungen für den Erbfall überprüft und allenfalls angepasst werden.
Der bis anhin geltende Pflichtteil für die Eltern fällt ab 2023 vollständig weg. Bis anhin betrug der Pflichtteil der Eltern die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Aufgrund des Wegfalls des Pflichtteils können auch unverheiratete oder nicht in eingetragener Partnerschaft lebende Personen ohne Nachkommen neu mit einer über ihr gesamtes Vermögen frei verfügen.
Nachkommen sind generell erbberechtigt und profitieren gegenwärtig von einem hohen Pflichtteilsschutz (drei Viertel des gesetzlichen Erbteils). Ab 2023 reduziert sich der Pflichtteil auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, was einem Viertel des Gesamtnachlasses entspricht. Der Pflichtteil der Ehegattin oder des Ehegatten respektive der eingetragenen Partnerin oder des eingetragenen Partners bleibt unverändert bei der Hälfte des gesetzlich vorgesehenen Erbteils, also ebenfalls ein Viertel des Gesamtnachlasses.
Indem die Pflichtteile der Nachkommen mit dem neuen Erbrecht reduziert werden, wurde die frei verfügbare Quote erhöht, was der Erblasserin | dem Erblasser wiederum mehr Spielraum und Verfügungsfreiheit gestattet.
WICHTIG: Ist kein Testament vorhanden, wird der Nachlass nach der gesetzlichen Erbfolge verteilt. Diese bleibt auch mit der Revision unverändert.
Ab 2023 wird ausserdem der Pflichtteilsschutz bereits bei einem hängigen Scheidungsverfahren aufgehoben. Auch diese wichtige Neuerung muss klar in einem Testament oder einem Erbvertrag zum Ausdruck gebracht werden.
Auch das revidierte Erbrecht beinhaltet keinen gesetzlichen Anspruch für Paare, die im Konkubinat leben. Dennoch - durch den Ausfall der Pflichtteile der Eltern und durch die Reduktion der Pflichtteile der Nachkommen ist es den Konkubinatspaaren möglich, sich gegenseitig besser zu begünstigen.
Für Schenkungen gibt es inZusammenhang mit einem Erbvertrag seit 2023 strengere Vorgaben. Die Erblasserin / der Erblasser darf neu das Vermögen grundsätzlich nicht mehr durch Schenkungen oder Spenden verkleinern, sofern in einem Erbvertrag über das gesamte Vermögen verfügt wurde. Wer einen Erbvertrag abgeschlossen hat, kann nach geltendem Recht, relativ frei etwas verschenken (Gelegenheitsgeschenke wie übliche Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenke). Die Hürde für Ausnahmen, die als «treuwidrig» taxiert werden, ist relativ hoch. Dazu zählen beispielsweise grössere Schenkungen bei schwerer Krankheit kurz vor dem Tod.
Im Fall des Konkurses einer Bank schützt das System der Einlagensicherung Guthaben von Kunden bis CHF 100'000 vor dem Verlust. Hat ein Kunde mehrere Konten bei derselben Bank, werden die Guthaben zusammengezählt und es sind insgesamt maximal CHF 100'000 gesichert. Neu: auch gemeinsame Konten werden inskünftig besser abgesichert und somit die Einlagensicherung gestärkt. Ein Beispiel: Frau Muster hat CHF 110’000 auf ihrem Sparkonto deponiert, Herr Muster CHF 125’000 auf seinem. Zusammen haben sie noch ein gemeinsames Konto, auf dem 150’000 Franken liegen. Wenn die Bank in Konkurs geht, wären früher «nur» CHF 200’000 abgesichert gewesen – jeweils 100’000 Franken für Frau respektive Herrn Muster. Neu sind es CHF 300’000, weil auch das gemeinsame Konto bis zu CHF 100’000 abgesichert ist.
Wenn also mehrere Personen gemeinsam Inhaber eines Kontos sind, wird diese Gemeinschaft (z.B. Ehegatten, Einfache Gesellschaften, Erbengemeinschaften oder Stockwerkeigentümergemeinschaften) bezüglich der Sicherung, wie ein eigener, separater Kunde behandelt.
Erwerbstätige Adoptiveltern können ab Anfang 2023 einen zweiwöchigen Adoptionsurlaub beziehen, wenn sie ein Kind, das noch nicht vier Jahre alt ist, zur Adoption aufnehmen. Der Adoptionsurlaub muss innerhalb eines Jahres nach der Aufnahme des Kindes bezogen werden und soll die Involvierten beim Start ins Familienleben unterstützen und die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit fördern. Anspruchsberechtigt sind erwerbstätige Adoptiveltern, die in der Schweiz oder im Ausland ein Kind adoptieren.
Die Adoptiveltern müssen vor der Aufnahme des Kindes mindestens neun Monate lang in der AHV versichert gewesen sein, in dieser Zeit mindestens fünf Monate eine Erwerbstätigkeit ausgeübt haben und zum Zeitpunkt der Aufnahme des Kindes erwerbstätig sein. Wenn beide Adoptivelternteile diese Voraussetzungen erfüllen, können sie die zwei Wochen Urlaub untereinander aufteilen – wobei sie allerdings nicht gleichzeitig einen Urlaubstag beziehen können. Andernfalls hat nur der Adoptivelternteil Anspruch auf den Urlaub, der die Voraussetzungen erfüllt.
Keinen Anspruch auf den Adoptionsurlaub haben arbeitslose oder arbeitsunfähige Personen. Ebenfalls kein Anspruch besteht bei der sogenannten Stiefkindadoption – also, wenn jemand das Kind des Partners adoptiert.
Die Entschädigung wird überdie Erwerbsersatzordnung (EO) finanziert.
Das Angebot an Tests, die genetische Informationen liefern, wächst konstant. Allen voran die sogenannten Lifestyle-Gentests, die angeblich über Herkunft, sportliche Veranlagungen oder was es zu essen gilt, Auskunft geben sollen. Um Missbräuchen vorzubeugen und den Schutz der Persönlichkeit zu gewährleisten, trat am 1. Dezember 2022 das überarbeitete Gesetz über genetische Untersuchungen beim Menschen (GUMG) in Kraft. Es regelt neu nahezu alle Gentests wie beispielsweise im medizinischen Bereich, jene ausserhalb des medizinischen Bereichs (Lifestyle-Gentests), Pränatale Tests und auch Vaterschaftstests.
Die nicht streng medizinischen Tests müssen neu von einer Gesundheitsfachperson veranlasst werden (Apotheker/-in, Drogist/-in, Ernährungsberater/-in, Psychologe/-in usw.). Auch die Anforderungen an einen Vaterschaftstest wurden verschärft. Labore, die diese durchführen, müssen besonders akkreditiert sein. Zudem muss die Identität des potenziellen Vaters kontrolliert und seine Einwilligung vorgelegt werden.
Zur Verringerung von Verkehrsüberlastung und Umweltbelastung ist die Bildung von Fahrgemeinschaften (Carpooling) wünschenswert. Deshalb wird ein neues Symbol «Mitfahrgemeinschaften» in die Signalisationsverordnung aufgenommen, das ein Auto mit mehreren Insassen zeigt. Es soll auf einer Zusatztafel dem allgemeinen Fahrverbot, dem Fahrverbot für Motorwagen oder dem Signal «Busfahrbahn» beigefügt werden können. Mit der Zusatztafel werden Fahrgemeinschaften von der signalisierten Beschränkung ausgenommen. Die neue Signalisation soll von den zuständigen Behörden auf einzelne Fahrstreifen, aber auch auf die ganze Fahrbahn angewendet werden können. Das neue Symbol soll auch als Markierung am Boden auf Busstreifen angebracht werden können. Damit wird Mitfahrgemeinschaften die Benützung des Busstreifens erlaubt.
Am 1. Januar 2023 tritt das neue Bundesgesetz über Velowege (Veloweggesetz) in Kraft. Bund und Kantone müssen auf ihren Strassen Velowegnetze planen und realisieren. Das neue Veloweggesetz verfolgt u.a. das Ziel, für bessere und sicherere Velowege zu sorgen und somit Unfälle mit Fahrrädern, Fussgängern und Autos zu vermeiden.
Generell gilt auf den Strassen in den Innerortsbereichen Tempo 50. Bis anhin konnten Tempo-30-Zonen nur zur Verminderung besonderer Gefahren im Strassenverkehr, zur Reduktion einer übermässigen Umweltbelastung oder zur Verbesserung des Verkehrsflusses angeordnet werden. Künftig sollen sie, wie die übrigen Verkehrsanordnungen und-beschränkungen, auch aus weiteren in den örtlichen Verhältnissen liegenden Gründen vereinfacht eingerichtet werden können. Die Behörden können neu Tempo-30-Zonen leichter einrichten zumal auf ein Gutachten verzichtet wird. Die Anordnung soll jedoch nach wie vor verfügt und veröffentlicht werden müssen.
Von der Strasse in die Luft! Wer eine Drohne selbständig fliegen lässt, muss mindestens 16 Jahre alt sein. Ab 12 Jahren kann man zusammen mit einer fachkundigen, mindestens 16 Jahre alten Begleitperson fliegen. Das neue Gesetz sieht auch eine maximale Flughöhe von 120 Metern vor, wobei man mit der Drohne immer in Sichtkontakt sein muss. Wer höher fliegen will, braucht eine Bewilligung des Bundesamts für Zivilluftfahrt. Neu muss man sich für Drohnen registrieren, wenn diese eine Kamera haben oder über 250 Gramm schwer sind. Bei Drohnen über 250 Gramm muss man zusätzlich eine Onlineprüfung absolvieren.
Der Drohnen-Guide des BAZL gibt einen Überblick über die geltenden Regeln und informiert, in welchen Fällen ein Drohnenflug bewilligungspflichtig wird.
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